USA - Ring the bell, Philly!

Proclaim Liberty throughout all the land unto all the inhabitants thereof.

Verkünde Freiheit im ganzen Land für alle seine Bewohner.

 

Unsere heutige Fahrt mit dem Amtrak wird erfreulich kurz werden. In nicht einmal anderthalb Stunden sollten wir unser nächstes Ziel Philadelphia erreichen. 

Wir manövrieren also unseren Rollkoffer im Zickzack durch die uns entgegen strömenden Menschen in Richtung NY Moynihan Train Hall. Die einzelnen Gleisabgänge sind hier in der Bahnhofshalle schnell gesichtet. Allerdings listen die Anzeigetafeln nur die aktuellste Bahneinfahrt auf, keine späteren Fahrten. Wir erfahren, dass Informationen zu künftigen Zügen und deren Gleiszuordnung maximal 15 Minuten vor erwarteter Abfahrt bekannt gegeben werden. In der Folge bildet sich eine hektische Schlange Reisender vor dem Gleisabgang. Das Nervenkostüm der Fahrgäste wird dann zusätzlich dadurch belastet, dass bereits vor dem Gleiszugang kontrolliert wird, ob jeder, der den Bahnsteig betreten möchte auch ein gültiges Ticket für die aktuelle Zugverbindung besitzt..?? Wir fanden nicht heraus, ob dieses System schon immer bestand, oder eine kurzfristige Sicherheitsmaßnahme darstellt. Es wirkte allerdings alles irgendwie improvisiert... 

 

Nach der Metropole New York mutet „Philly“ wieder etwas beschaulicher und entspannend ruhiger an. Die meisten Sehenswürdigkeiten sind gut zu Fuß zu erreichen, vor allem, wenn man ein zentral gelegenes Hotel in der Chestnut oder Walnut Street wählt. Vom Bahnhof aus sind beide Straßen in einigen Laufminuten erreichbar.

Wir checken ein und flanieren den restlichen Tag den Benjamin Franklin Parkway entlang -vorbei am Rathaus und dem LovePark- in Richtung Philadelphia Museum of Art und wandeln damit in den Fußstapfen von „Rocky“ zu einem der zentralen Schauplätze des Films von 1976. Angesichts der wahrhaft atemraubenden Hitze verzichten wir allerdings darauf, die Stufen vor dem Museum in Rocky-Manier hinauf zu joggen und oben angekommen triumphierend mit erhobenen Armen herum zu hüpfen. Damit haben wir uns eigentlich für ein Foto mit der Rockystatue disqualifiziert, denn die amerikanischen Touristen rennen alle tapfer ihren auf der höchsten Stufe platzierten Smartphones entgegen und jubeln um die Wette. Es macht echt Spaß ihnen zuzusehen und ich bin erleichtert, dass keiner der Boxanwärter mit hochrotem Kopf zu Boden geht...

Leider haben wir uns für den Besuch des Museums ausgerechnet dessen Ruhetag ausgesucht, weshalb wir auf einen klimatisierten Besuch des Inneren verzichten müssen. Egal, für heute hatten wir sowieso genug Kultur, wenn auch nur filmische :-).

 

Der folgende Tag in Philly ist auch schon verplant, wir wollen uns ein weiteres Nationalsymbol der USA ansehen, die Liberty Bell. Sie wurde geläutet, als die Unabhängigkeitserklärung in Philadelphia am 8. Juli 1776 zum ersten Mal in der Öffentlichkeit verlesen wurde. Heute ist sie im Liberty Bell Pavillion ausgestellt, gleich gegenüber des State House (heute Independence Hall), in dem sie einst aufgehängt war. Das Besondere an der Glocke ist ein riesiger Spalt im Klangkörper. Wann dieser erstmals entstand, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass ein feiner Riss nach fast 70jähriger Benutzung der Glocke in den frühen 1840ern auftrat. 1846 entschied sich die Stadt, die Glocke vor George Washington´s Geburtstag reparieren zu lassen. Dabei weiteten Metallarbeiter den ehemals feinen Riss, um den Klang der Glocke wiederherstellen zu können. Der Bruch, der jetzt in der Glocke zu sehen ist, stellt tatsächlich den Reparaturprozess dar. Die Wiederherstellung der Glocke schlug also fehl und ließ sie für immer verstummen. (https://www.nps.gov/inde/learn/historyculture/stories-libertybell.htm)

Ihre Inschrift (siehe oben) bezeugt jedoch, dass die Glocke ihren Zweck bereits nach ihrem allerersten Läuten erfüllt hatte.

Da wir seit Boston die Namen und Geschehnisse im Unabhängigkeitskampf noch immer nicht so richtig in Reihenfolge setzen können, besuchen wir das Museum of the American Revolution.

Und endlich setzt sich das Bild zusammen :-). Die Kurzfassung: 

Um Kosten des siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 refinanzieren zu können, erhebt Großbritannien von seinen nordamerikanischen Kolonien unter anderem Zölle und eine Abnahmeverpflichtung auf Tee. Den Amerikanern stößt das sauer auf. Erzürnt hält Samuel Adams eine flammende Rede im Bostoner State House, woraufhin die “Sons of Liberty” als Indianer verkleidet den im Hafen angelandeten Tee in den salzigen Fluten versenken (Bosten Tea Party). Hierüber ist nun wiederum die britische Krone „not amused“ und ordnet an, alle militärischen Vorräte in den aufmüpfigen, amerikanischen Provinzen zu beschlagnahmen. Bevor jedoch eine ausgeschwärmte, britische Armee im Umland von Boston die Siedlungen Lexington und Concord erreichen kann, gelingt es 1775 dem Reiterkurier und späteren Nationalhelden Paul Rever in einem wilden Mitternachtsritt die Siedler zu warnen. Beim Aufeinandertreffen der nunmehr vorbereiteten Siedlern mit den britischen Soldaten fällt der erste, folgenreiche Schuss, von dem nachher keiner mehr sagen kann, welche Seite ihn abgefeuert hat. Der Konflikt eskaliert. Am 4. Juli 1776 stimmt der amerikanische Kontinentalkongress in Philadelphia der von Thomas Jefferson verfassten Unabhängigkeitserklärung zu. Vier Tage später am 8. Juli wird diese in Philadelphia erstmals feierlich unter Läuten der Liberty Bell den amerikanischen Bürgern öffentlich verlesen. Währenddessen ist der Krieg mit Großbritannien bereits im vollen Gange, allerdings zunächst eher zugunsten der Briten. Im Dezember 1776 erringt George Washington einen ersten, glorreichen, militärischen Erfolg in der Schlacht von Teton gegen die mit der britische Krone verbündeten und gefürchteten Hessians (Hessen). Die Bildung von Allianzen auf beiden Seiten weiten sich immer stärker aus, auch mit amerikanischen Ureinwohnern oder anderen europäischen Staaten. Von 1778 bis 1780 treten erst Frankreich, dann Spanien und schließlich noch die Niederlande auf der Seite Amerikas in den Krieg ein, der nun auch vermehrt zur See ausgetragen wird. Der Konflikt hat sogar Kampfhandlungen in Afrika und Vorderindien zur Folge. Die Briten kämpfen mittlerweile an vielen Fronten, mit Nachschubproblemen und allmählich auch auf verlorenem Posten. Die Kapitulation der britischen Armee erfolgt schließlich 1781 nach der Belagerung von Yorktown, zwei Jahre später erkennt Großbritannien die Unabhängigkeit der USA an.

Ca. hundert Jahre später schenkt Frankreich zum Jubiläum der Unabhängigkeit den USA die Freiheitsstatue. Sie wird auf einem Sockel im Hafen von New York aufgestellt, und ist damit das erste, was Emigranten zu sehen bekommen, wenn sie übers Meer kommend nach Amerika einreisen.

 

Für alle Interessierten die Geschichte noch einmal etwas ausführlicher (siehe auch https://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Unabhängigkeitskrieg):

Großbritannien wollte nach dem Ende des siebenjährigen Krieges (1756-63) die hohen Kriegskosten durch erhöhte und neue Steuern/Zölle finanzieren, auch die Überseekolonien waren betroffen. Diese brachten jedoch kein Verständnis dafür auf, Abgaben an das Mutterland leisten zu müssen, ohne eigene Vertreter ins britische Parlament wählen zu können. Es entstand der Slogan: no taxation without representation. Zunächst strebten die Kolonien also gar nicht die volle Unabhängigkeit an. Es ging vielmehr um eine Gleichbehandlung sowie die Vermeidung der Einmischung des englischen Parlaments in lokale Angelegenheiten. Die Bewegung wurde zunächst von Samuel Adams und Thomas Jefferson geführt. Mehrfach kam es zu Übergriffen auf Handelsschiffe im Hafen von Boston, 1773 zur Boston Tea Party. Die britische Regierung ordnete im Folgenden die Beschlagnahmung militärischer Vorräte in Massachusetts an, woraufhin die Kolonien mit der Einberufung ihres ersten gemeinsamen „Kontinentalkongresses“ in Philadelphia reagierten und in dessen Folge nun den Handel mit Großbritannien verweigerten.

1775 schwärmten britische Truppen aus Boston aus, um Vorratslager der rebellischen Kolonisten aufzuspüren. Laut Überlieferung unternahm Paul Revere (Reiterdenkmal in Boston) als Nachrichtenkurier am 18. April 1775 den sogenannten Mitternachtsritt von Boston in die Siedlungen Lexington und Concord um die Einwohner zu warnen und wurde damit zu einem der Nationalhelden der amerikanischen Unabhängigkeit. Der Zusammenstoß der britischen Soldaten und den nunmehr bewaffneten, amerikanischen Siedlern eskalierte, wobei nicht geklärt ist, welche Partei den ersten Schuss abfeuerte. Die Gefechte von Lexington und Concord endeten mit dem Rückzug der Briten nach Boston, welches danach belagert wurde. Dies war der Beginn des Unabhängigkeitskrieges. 

Die Kolonien beriefen ihren zweiten Kontinentalkongress, in welchem 12 der 13 Vertreter für die Trennung vom Großbritannien stimmten. Am 4. Juli 1776 nahmen die Vertreter der 13 (Gründungs-) Staaten der USA im Kongress die heute bekannte Declaration of Independence, -eine Erläuterung der zwei Tage zuvor gefassten Beschlüsse-, an. Maßgeblich entworfen hatte die Erläuterung der Delegierte Thomas Jefferson (Virginia). Die Erklärung sollte als moralische und rechtliche Legitimation für die Loslösung von der britischen Krone und den Unabhängigkeitskrieg dienen. 

(Zur Erinnerung: Die erste Öffentliche Verlesung der Unabhängigkeitserklärung erfolgte unter Läuten der Liberty Bell in Philadelphia am 8. Juli 1776 ;-) )

Zunächst sah es im Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzung nicht nach einer Niederlage Großbritanniens aus. New York wurde im August 1776 von den Briten eingenommen. Ende 1776 konnte jedoch die Situation der amerikanischen Seite durch George Washingtons Erfolg in der Schlacht von Teton verbessert werden. Dieser Sieg stellte die Kampfesmoral der Aufständischen wieder her, war es doch erstmals gelungen, reguläre mit Großbritannien verbündete Truppen zu überwinden. Danach begannen die Briten zunehmend unter einer Zersplitterung ihrer Truppen und an Nachschubproblemen zu leiden. Zudem traten 1778 Frankreich, ein Jahr später Spanien und schließlich 1780 die Niederlande auf Seiten der Amerikaner in den Krieg ein. Die Kämpfe wurden jetzt zunehmend auch auf See ausgetragen. Der Konflikt weitete sich außerdem auf Europa, die Karibik, Afrika und Vorderindien aus. Schlussendlich kapitulierte die britische Armee 1781 nach derBelagerung von Yorktown, Virginia. Am 30. November 1782 wurde zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien ein Vorfrieden unterzeichnet. Im Frieden von Paris 1783 erkannte Großbritannien die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten an. 

Am 28. Oktober 1886 wurde die Statue of Liberty im New Yorker Hafen eingeweiht. Sie ist ein Geschenk des französischen Volkes an die USA zum hundertjährigen Jubiläum der Unabhängigkeit. 1984 wurde sie in die Liste der Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen.

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